Aus dem Nichts, 1992/93, Aluminium, farbig gefasst; Leihgabe des Förderkreises für die Kunsthalle Mannheim e.V. seit 1993; Geschenk von Hans Bichelmeier anlässlich seines 60. Geburtstags; © VG Bild-Kunst, Bonn 2015
Hubertus von der Goltz · Aus dem Nichts
16. August 2017
Horizonte, 1964, Öl auf textilem Bildträger; Leihgabe des Förderkreises für die Kunsthalle Mannheim e.V. seit 1999; Geschenk von Gisela und Hermann Freudenberg; © VG Bild-Kunst, Bonn 2013
Fritz Winter · Horizonte
16. August 2017

Jeff Wall
Blind Window no. 3

 
Blind Window no. 3, 2000, C-Print, 23,5 x 25,5 cm
1946 geboren in Vancouver
Lebt und arbeitet in Vancouver, Kanada

1964-1970 Studium der Kunstgeschichte und bildenden Kunst an der Universität von British Columbia, Vancouver, Kanada
1970-1973 Doctoral Research, Courtauld Instiute, University of London
1974-1975 Lehrbeauftragter am Nova Scotia College of Art and Design; Kanada
1976-1987 Lehrbeauftragter an der Simon Frasier University, Kanada
Lehrtätigkeit an der University of British Columbia, Kanada und an der European Graduate School, Schweiz

Teilnahme an der documenta 7 (1982), der documenta 8 (1987), der documenta 10 (1997) und der documenta 11 (2002) in Kassel.

Jeff Wall ist bekannt als „Story Teller“, der seit seinen ersten „fotografischen Bildern“ von 1978 bis heute sämtliche Gattungen der traditionellen akademischen Hierarchie durchlaufen hat. Sein Hauptthema ist der Ort in seiner vielschichtigen Bedeutung als natur- oder gesellschaftsbezogener, kognitiver oder memorierender Raum, als Koordinatensystem in der alltäglichen Lebenswelt. Sein kunsttheoretisches Diktum in Anlehnung an Charles Baudelaires Essay von 1863 hat Wall als „peinture de la vie moderne“ zusammengefasst - ein postkonzeptuelles Konzept einer Rekonstruktion der Tradition der Malerei im Medium der Fotografie. Ziel seiner Beschäftigung mit der (Kunst-)Geschichte und den Darstellungskonventionen der Fotografie ist die Suche nach einem unmittelbaren, glaubhaften Ausdruck des banalen Lebens. Auf dieser Grundlage entwickelte Wall seine typische Bildsprache, die in unterschiedlicher Ausprägung zwischen dokumentarischer Aufnahme und filmischer Inszenierung alterniert. Seit Mitte der 1990er Jahre geht die Fokussierung auf authentisch wirkende Fotografie einher mit einer Verlagerung von pathetisch dramatischem Gehalt hin zu reduzierten, antimanieristischen Szenerien.

Die spezifische Stimmung des Einzelmotivs, die „Poetik“ des Ortes rückt in den Vordergrund wie in „Blind Window no. 3“: Scheinbar en passant auf seinen Streifzügen in Vancouver festgehalten, fokussiert es auf die Darstellung eines zunächst unspektakulären Fragments: gewissermaßen eine Detailstudie eines Fensterausschnittes, das formatfüllend ins Bild gesetzt ist. Bezeichnend ist die Verbindung zu älteren Kompositionen durch das Motiv des „blinden“ Fensters („Doorpusher“, 1984; „Swept“, 1995), das im Jahr 2000 wiederholt als Serie auftaucht, losgelöst von Figur, Handlung, Vegetation. Ungewöhnlich erscheint bei no. 3 das Format in Form eines kleinformatigen C-Prints (Abzug vom Farbnegativ) – präsentiert nicht als großformatiges Diapositiv im Aluminium-Leuchtkasten, sondern gemäß des „sense of scale“ in Anpassung an das Motiv, an die ruhige, intime Stimmung des Ortes, der gekennzeichnet ist von Alterungsspuren, Schmutz, Staub, Spinnweben. In erster Linie ist die gesamte Serie „Blind Window“ die Beschreibung eines Ortes, der sich in eine Kulisse demonstrativer Verlassenheit verwandelt, der im Betrachter Reminiszenzen produziert, dem eine eigene Geschichte, ein rätselhafter Charakter innewohnt.