Der 1932 in Seoul, Korea geborene Paik studierte westliche Ästhetik, Kunst und Musikwissenschaften. Anfangs interessierte sich der Aktions-Video-Fluxuskünstler vorwiegend für Probleme der Geräusch – und Klangregie. So verwundert es nicht, dass die Begegnung mit John Cage, der vor allem mit allein vom Zufall bestimmten Klangwelten des Alltags arbeitete, zu einer fruchtbaren Freundschaft wurde. Prägend für Paik ist auch der Zen-Buddhismus, der für ihn zwei Aspekte hat: den Ernst und die Alltäglichkeit. Mit der Video–Kunst sieht er sich in der Lage, zentrale Probleme der menschlichen Existenz wie Chance, Zufall, Wette und Glück konkret anzugehen.
Australopithecus Man ist die überdimensionale Skulptur eines Kopfes. Die zahlreichen, auf dem ovalen Gestell spielerisch angebrachten Gegenstände übernehmen Bildvokabeln eines Gesichtes wie Haare, Ohren, Wangen, Augenbrauen, Stirn. Augen und Mund werden in Form von Monitoren, auf denen Videos zu sehen sind, zu den kommunikativen Elementen des Gesichtes. Dort entsteht durch die Dreidimensionalität des Röhrenbildes Tiefe, in die sich der Blick des Betrachters versenken kann. Die rasenden kaleidoskopartigen Bildfolgen der synchron geschalteten Monitore, die nach bestimmten rhythmischen Sequenzen scheinbar zufällig stehenbleiben, ziehen den Blick immer wieder auf sich.
Indem Paik dem Bild eines Gesichtes – und es muss als Bild eines menschlich männlichen Gesichtes verstanden werden – aus digitalen Videosequenzen, aus Bildschirmen, Fernsteuerungen und zahlreichen anderen elektronischen Elementen einer High-Tech-Gesellschaft den Namen Australopithecus Man gibt, verknüpft er ein technoides Bild des Menschen mit der Figur, die als die erste Stufe hominider Entwicklung angesehen wird. Damit schafft er einen Bezug zu der ganzen Zeitspanne der Entwicklung des Menschen von ihren ersten Anfängen bis zur Gegenwart, und er konfrontiert das Bild der scheinbar komplexen Moderne mit dem primitiven Ursprung. Das Bild eines Antlitzes selbst hat sich nur marginal verändert.
TK